Tiergestützte Intervention

Warum Hunde in der Arbeit mit Senioren, Menschen mit Behinderung oder Traumata?

Das sich Tiere positiv auf unser Wohlbefinden auswirken, sei es körperlich oder seelisch, ist eine unumstrittene Tatsache.
Keine andere Tierart ist dem Menschen derart eng verbunden wie der Hund.
Er nimmt die körperliche und seelische Befindlichkeit des

Menschen meist sensibel wahr und reagiert auf seine Art.

Hunde haben sich schon oft als sehr geeignet erwiesen, soziale und kommunikative Fähigkeiten zu erweitern, da sie den Menschen in all seinen Besonderheiten akzeptieren und ihm gegenüber keine Anforderungen stellen oder Erwartungshaltungen zeigen.

So können sie helfen, soziale Defizite zu verbessern, Kontakte aufzubauen und Menschen, z.B. mit autistischen Störungen oder Demenzerkrankungen aus ihrer Isolation oder ihrem Eingeschlossen sein herauszuholen und ihre Umwelt besser zu verstehen.
Dadurch tragen die Hunde zur Verbesserung der Lebensqualität und der Selbständigkeit bei und stärken das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein.
Wir benötigen für unsere Weiterentwicklung, vor allem auch zur Entwicklung unserer Sinne, die Gesellschaft und den Kontakt zu unseren Mitmenschen.
Hunde sind verlässliche, treue Partner, geduldige, nicht wertende Zuhörer und gelten als Anknüpfungspunkte für Gespräche. Sie schaffen positive Stimmung, eine entspannte Atmosphäre, motivieren, aktivieren vorhandene Ressourcen zu nutzen, beruhigen und stärken das Sozialverhalten.
Tiere fördern die Persönlichkeitsentwicklung, Empathie, Rücksichtnahme, Akzeptanz von Grenzen, Zurückstellung eigener Bedürfnisse, die nonverbale Kommunikation, die Selbsttätigkeit und Aktivität, die Sinneswahrnehmung, die motorische und kognitive Entwicklung, das Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein und eine Struktur des Tagesablaufes.

 

 

„Wo das Tier den Menschen so annimmt, wie er ist, kann auch der Mensch
beginnen, sich so anzunehmen, wie er ist“

(Otterstedt, 2001, S. 87)

 

 

Positive Wirkung des Hundes auf den Wohngruppenalltag

Gerade Menschen mit psychischen Störungen oder alte Menschen neigen oft zur Antriebslosigkeit und ziehen sich in sich zurück. Tiere können dabei helfen, sich aus diesem dunklen Loch zu befreien. So kann der Hund z.B. zu einem Spaziergang an der frischen Luft motivieren und ein treuer Hundeblick vertreibt vielleicht den grauen Schleier und lässt die Sonne in das Herz. Auch können sie helfen, Aggressionen einzelner Bewohner abzubauen.
Wegen häufiger Konflikte ist die Atmosphäre innerhalb der Wohngruppe oft sehr angespannt. Durch die Anwesenheit eines Hundes verändert sich die Atmosphäre in der Wohngruppe. Die Bewohner halten sich oftmals gegenseitig zur Rücksichtnahme an, um den Hund nicht zu stören oder ihn zu verärgern.
Das Streicheln eines Hundes wirkt zudem beruhigend und deshalb blutdrucksenkend. Durch den Körperkontakt wird eine Beziehung aufgebaut, Berührungen und Zärtlichkeit zugelassen und so Vertrauen gefasst. Dieses gibt dem Bewohner das Gefühl angenommen zu sein. Er fühlt sich geborgen, angenommen und wertvoll.
Die Dortmunder Sonderpädagogin Tanja Ewering untersuchte in einer Studie die Wirkung von Tierbesuchsdiensten auf geistig- und mehrfachbehinderte Jugendliche mit Down-Syndrom, schweren motorischen Störungen, allgemeinen Entwicklungsstörungen mit autistischen Verhaltensweisen, zerebralem Anfallsleiden, frühkindlichen Hirnschäden, emotionalen und Verhaltensauffälligkeiten aufgrund sozialer Benachteiligung. Dreimal wöchentlich fand ein Tierbesuchsdienst statt bei dem vier von sechs Jugendlichen eine Beziehung zum Hund aufbauen konnten. Bei einem der anderen zwei Jugendlichen blieben die Möglichkeiten des Dialogaufbaus zum Tier unklar und der andere Jugendliche fehlte wiederholt bei den Tierbesuchen. Dies zeigt uns die Möglichkeiten der Wirkung von Tieren auf den Menschen.

„Das Leben mit Tieren bietet Beziehungsqualität,
das heißt Lebensqualität“
(Otterstedt, 2001, S. 39)

 

Unterschied Besuchs- und Therapiebegleithund

Was ist ein Besuchshund?

Der Besuchshund absolviert gemeinsam mit seinem Hundeführer, der keinen medizinischen oder pädagogischen Grundberuf haben muss, die Ausbildung. Er muss eine Wesensüberprüfung bestanden haben, welche jährlich wiederholt werden muss. Durch die veranlassten Handlungen bringt er Abwechslung und Freude in den Alltag der Klienten ohne dabei einen therapeutischen oder pädagogischen Hintergrund zu verfolgen. Es werden in der Regel keine Ziele gesetzt oder dokumentiert.

 

Was ist ein Therapiebegleithund?

Der Therapiebegleithund wird für den professionellen Einsatz in verschiedenen Therapiebereichen (Logopädie, Physiotherapie, Psychologen…) ausgebildet und wird hauptsächlich von Therapeuten geführt.
Natürlich steht die Ausbildung auch Hundehaltern ohne therapeutischen Ansatz offen.

 

Was ist tiergestützte Therapie?

 

Woher kommt die Idee der tiergestützten Therapie?
Diese Idee stammt aus den USA. Dort hat der Psychologe, Levinton, 1961 erstmals eine Arbeit über tiergestützte Therapie geschrieben. Darin beschreibt er wie ihm durch das Tier (hier ein Hund) der Zugang zu seinen Patienten erleichtert wurde und umgekehrt, wie die Patienten durch das Tier zu Kommunikation und Mobilität angeregt wurden. Die tiergestützte Therapie wurde in den USA von Delta Society systematisch weiter verfolgt und verfeinert. In Europa, besonders in England und in der Schweiz wurde diese Arbeit bald aufgenommen. Auch in Deutschland kommt die tiergestützte Therapie zunehmend zur Anwendung.

Was ist ein Therapiebegleithund?
Ein Therapiebegleithund wird, nach einer Ausbildung mit abschließender Prüfung als therapeutisches Mittel in der Therapie eingesetzt. Diesen Einsatz können nur Therapeuten, Pädagogen, Psychologen, Ärzte und verwandte Berufsgruppen ausführen.
Weiterhin können Hunde im Besuchsdienst von nicht medizinischen oder pädagogischen Hundeführern nach einer Einweisung, besser einer Ausbildung eingesetzt werden.

Wie sieht die Arbeit des Hundes aus?
Es ist eine schwere anstrengende Aufgabe für den Hund, ich bezeichne es sehr bewusst als Arbeit. Der Hund muss sehr behutsam in sein Arbeitsfeld im therapeutischen Setting eingeführt werden.
Das Ziel seines Einsatzes ist, eine positive therapeutische Atmosphäre zu schaffen und es somit dem Patienten/Klienten zu ermögliche neue Ressourcen zu erlernen oder alte zu aktivieren und dieses ohne Wertung durch den Hund.
Das unumgängliche für die Ausführung dieser anstrengenden, geistig sehr beanspruchenden Leistung, ist ein tiefes Vertrauen zwischen dem Hundeführer und dem Hund, aber auch ein Bewegungsausgleich für ihn.

Warum ein Hund in der Therapie?
Der Hund bewertet nicht, er reagiert spontan auf den Menschen in seinen verschiedenen Erscheinungsformen.

Tiere allgemein erreichen beim Menschen eine emotionale Ebene, die auf der Mensch- zu Mensch- Ebene nur schwer erreicht werden kann.

Ein Kind, welches keinen Kontakt zu Menschen aufnimmt, beginnt plötzlich mit dem Hund zu kommunizieren. Der Patient im Wachkoma dreht sich bewusst mit dem Kopf zum an der Seite gelagerten Hund oder strahlt wenn der Hund in den Raum kommt.

So ließen sich viele Beispiele hinzufügen, die den Einsatz eines Hundes als Brücken und Bindeglied im therapeutischen Rahmen als durchaus sinnvoll und hilfreich für ein weiteres therapeutisches Vorwärtskommen zeigen.

Durch die Anpassungs- und Lernfähigkeit des Hundes ist das „Einsatzgebiet“ sehr flexible und vielseitig.

Einsatzmöglichkeiten von Therapiebegleithunden:
Der Hund wird therapiebegleitend eingesetzt.
Er soll z.B. als Mutmacher fungieren, wenn Kinder sehr ängstlich sind und sich z.B. nicht auf die Therapieschaukel/ durch den Tunnel/ auf das Trampolin/… trauen.
Der Hund kann es dann den Kindern vormachen.
Ebenso kann er für sehr unruhige Kinder als Ruhepol eingesetzt werden (Kopf auf Bauch legen, Atmung lauschen/ Atemzüge zählen).
Nur alleine die Anwesenheit des Hundes kann bei vielen Kindern/ Patienten zu einer erhöhten Motivation/ Konzentration während der Therapie führen
(vor allem bei therapiemüden Kindern oder stark wahrnehmungseingeschränkten Patienten sinnvoll!), da sie dem Hund zeigen wollen, wie gut sie die Aufgabe schon können oder weil sie ihn zum Abschluss streicheln dürfen, oder weil er einfach da ist… .
Taktile Überempfindlichkeiten (Kinder und Erwachsene) können durch einfaches Streicheln gemildert werden (Motivation sehr hoch!).
Auch bei Patienten mit eingeschränkter Wahrnehmung (taktil, visuell) gibt es für einen Hund Einsatzmöglichkeiten:
Er kann z.B. Leberwurst von betroffenen Stellen schlecken und regt so Empfindungen an oder er kann bei einem Schlaganfallpatienten mit Neglect (verminderte bis völlig entfallene Wahrnehmung der betroffenen Körperseite) so platziert werden, dass der Patient sich zu seiner nicht mehr wahrgenommenen Seite hinüberdrehen/ beugen muss, um den Hund zu sehen/ streicheln.
Bei starker Spastik kann durch das Lagern der betroffenen Extremität auf dem Hund diese gemildert werden.
Kinder, die sonst oft motorisch unruhig und unkonzentriert sind, erleben plötzlich eine innere Ruhe und Ausgeglichenheit.
So schnell werden taktile Defensivitäten abgebaut! Der hohe Motivationscharakter eines so lieben Hundes besticht ungemein. Und es ist doch schön, wie zufrieden, glücklich und in sich ruhend oft Patient UND Hund sind!
Eine erste Kontaktanbahnung findet fast automatisch statt. Ein vorsichtiges Schnuppern, freundliches Schwanzwedeln oder das sich in die Nähe legen/ anwesend sein überzeugt ohne weitere Worte nahezu alle Kinder und Erwachsene.
Neben den fördernden Eigenschaften im Bereich der Wahrnehmung, Konzentration und Ausdauer kommen vor allem die sozial- emotionalen Aspekte zum Tragen:
Die Unvoreingenommenheit und Freundlichkeit, das Verstehen von wortlosen Gesten und eine gewisse Neugierde von Seiten der Tiere fördern die Beziehungsfähigkeit, das Selbstbewusstsein und die Motivation.
Die Ruhe und Ausstrahlung eines Hundes lässt schnell alle Scheu weichen, so dass ein konzentriertes, entspanntes Arbeiten in der Therapie möglich ist. Der Hund spornt an, ermutigt, beruhigt, belebt und erheitert alle um sich herum.

(Text Copyright Jutta Junker begin_of_the_skype_highlighting     end_of_the_skype_highlighting, Nicole Böll-Bartetzko)

 

 

Unsere Hunde sind ausgebildete und zertifizierte Besuchs- bzw. Therapiebegleithunde und unterziehen sich regelmäßig, einmal jährlich, einer Wesensüberprüfung für soziale Einrichtungen. Hier wird der Hund in für ihn teilweise unangenehme Situationen gebracht, die zumindest in ähnlicher Weise im Einsatz immer mal wieder passieren können. So wird der Hund beispielsweise von oben herab völlig überraschend umarmt und so geschaut, ob er in irgendeiner Weise unsicher oder gar aggressiv reagiert. Wäre das der Fall, würde er nicht bestehen und dürfte natürlich nicht in der Arbeit mit Menschen eingesetzt werden. Außerdem fallen Leckerchen auf den Boden oder werden ihm vor die Nase gehalten und er darf sie erst auf mein Kommando hin nehmen.

 

Hier ein kleiner Einblick in die Arbeit mit Hund im Seniorenheim

Und hier in der ersten Klasse einer Grundschule in Braunschweiug